INFORMATION
Hirschgeweih, Schwarzwälder Kirschtorte, Platte, Lederhose, Vollkornbrot. Typisch deutsch oder doch nur lauter Klischees? Kann sich die junge Generation unseres Landes, die global vernetzt, multikulturell ist und sich als Weltbürger sieht, noch mit Traditionen und Bräuchen ihrer Heimat identifizieren?
Muss der Begriff „Heimat“ in unseren heutigen Zeiten neu definiert werden?
Die Dresdner Choreografin Johanna Roggan lotet in ihrer neuesten Produktion das Gefühl nach dem vermeintlich Eigenen, der Heimat und der einhergehenden Heimatlosigkeit aus. Gemeinsam mit dem Dresdner Gnadenchor und den Tänzerinnen Simone Detig, Anna Fingerhuth, Cindy Hammer, Jule Oeft und Romy Schwarzer, deren Verbindung die deutsche Herkunft ist, werfen sie die Klischees des typisch Deutschen über Bord und gelangen zur Erkenntnis, dass Heimat eine Utopie bleibt, eine Erinnerung und Sehnsucht nach der Ferne, ihre Heimat ist irgendwo im Exil verortet.
Heimat ist nicht als Ort erlebbar, der er ist, sondern als der, der er nicht ist. Als Menschenrecht und nicht als Ideologie scheint die Bedeutung von Heimat, wie Hannah Arendt es einst formulierte, in unserer heutigen Gesellschaft in Vergessenheit geraten zu sein. Mit diesem Bewusstsein werten die Tänzerinnen gemeinsam mit dem Chor ihre Suche nach identitätsstiftenden Traditionen wie dem Volkstanz und dem Deutschen Liedgut auf – beides als Deutschtümelei verpönt – indem sie es dekonstruieren, damit kokettieren und szenisch umdeuten. Für die junge Generation ist das eine Möglichkeit, mit ihrem eigenen „Deutschsein“ umzugehen und selbst als moderner Hybrid Teil einer Gemeinschaft, einer Heimat zu sein.
(Text: Célestine Hennermann)
thegutscompany.net
TEAM
Choreographie: Johanna Roggan
in Zusammenarbeit mit den Tänzerinnen
Tanz: Anna Fingerhuth, Cindy Hammer
Jule Oeft, Romy Schwarzer, Simone Deftig
Musik: Frieder Zimmermann
Film: Benjamin Schindler
2016